News: Schriftzug: "Die ganze Welt bescheisst - lass uns doch ehrlich sein" auf einer Straßenwand mit den Schatten der Moderatoren

konzertcheck - samy deluxe - cc heidenheim - 2010Am 13. Februar lud Samy Deluxe a.k.a. Samsemilia oder der Wickeda MC ins Congress Centrum nach Heidenheim zu einem, für das Hip Hop Lager, eher ungewöhnlichen Gig. Das der DJ gegen eine Akustik-Band ausgetauscht wird sieht man schon mal, aber ein bestuhlter Konzertsaal und ein aus einem Buch vorlesender MC? Außergewöhnlich…

Geschätzte 200-300 Leute wunderten sich bestimmt nicht schlecht, als sie am Samstag Abend den Martin-Hornung-Saal des Heidenheimer CC betraten. Komplett bestuhlt und auf der Bühne recht wenig, was einem Samy Deluxe gerecht werden könnte: Ein Barhocker und ein Mikrofon im Vordergrund, eine Couch im Hintergrund??? Nur anhand des Outfits, des überwiegend sehr jungen Publikums, konnte man erahnen, das es hier heute um Hip Hop gehen soll…

Mit halbstündiger Verspätung betrat dann eine uns in dieser Besetzung unbekannte, aber mit Deluxe Records stark verbandelte Combo (DJ ViTo, Ali A$ und Pretty Mo) die Bühne. Die beiden MCs warfen sich battelartig gesellschaftliche, deutsch/ausländisch provozierende Vorurteile ohne Beat an den Kopf, quasi a capella – sehr gekonnt und sehr durchdacht mit einem Augenzwinkern über ein ernstes Thema. Vom Essen bis zum Ehrenmord, alles wurde verarbeitet. Dazu Tracks aus ihrem bald erscheinenden Album, die den ein oder anderen sicher heiß auf mehr machten…

Die Peeps hatten viel Spaß mit dem etwas verpeilten Trio (Die Tracklist war wohl nicht immer ganz klar :)) Die meisten Tracks konnten gefallen (Ausnahmen bestätigen die Regel) und hatten passend zum Event auch eine Message. Bei einer kurzen Suche im Netz kamen dagegen zwar (reim)technisch sehr gute, aber textlich eher sinnfreie Sachen zu Tage. Bleibt abzuwarten wie sich das in diesem Frühjahr erscheinende Album mit dem aussagekräftigen Titel „Heil Hip Hop“ präsentieren wird, man darf gespannt sein.

Die Leute waren warm und bereit für Samy. Eine kleine Pause zwischen den Acts mit etwas lahmer Popmusik war zäh, wurde aber bald entschädigt!

Nach gefühlten 15 Minuten kam dann Herr Samsemilia mit einer kleinen Ausführung seiner Tsunami-Band doch noch und wollte eigentlich nach einer kurzen Begrüßung auch gleich loslegen… aber der Anschluss des Gitarrenspielers war defekt. Langeweile… neee, Samy unterhielt das Publikum mit irgendwelchem Zeug. Die Stadt, die Leute, Dialekte, Techniker,… der Mann kann zu allem was erzählen. Das wäre schon fast als Stand up Comedy durchgegangen, wie er selber sagte…

Ach ja, es ging dann auch wirklich mal los. Abwechselnd las er aus seinem Buch vor und spielte zwischendurch Lieder von seinem aktuellen Album und vom neuen Mixtape. Wir waren sehr geflasht von dem Ding, was er da durchzog. Das Taschenbuch scheint es in sich zu haben. Darin arbeitet er viel aus seinem Leben auf, erzählt aus seiner Sicht die Dinge, die ihn prägten. Er schreibt wie er spricht, ohne Punkt und Komma, aber sehr durchdacht, persönlich und wohl vor allem ehrlich. Auf jeden Fall interessant, wie man am extrem lauschenden Publikum sehen konnte 😉

Die Tracks die er spielte, passten immer perfekt auf die jeweilig vorgelesenen Kapitel und der Live Sound war einfach überragend und mitziehend (Demnächst gibt es wohl ein Live Album was für uns schon Pflichtkauf ist!). Die Songtexte wurden nun auch für den Letzten erklärt. Ja man, der „neue“ Samy ist erwachsen geworden. Allein das ständige Sitzen bei den reaggelastigen Beats war schwer auszuhalten… und als der erste Aufstand, stand auch gleich der ganze Saal. Jep, jetzt war es perfekt. Sitzen beim zuhören, abgehen bei den Liedern…

Leider war das Kontingent der mitgebrachten Tracks schnell erschöpft. Deshalb gab es in der Zugabe Freestyles (das Heidenheimer Puplikum hat die derbsten Reime 😉 ) und ein Coversong vom „Let it be“ der Beatels – ja, wir brauchen alle eine „The-ra-pie“… leider hat es das Heidenheimer Puplikum verpasst, den Samy zu einer weiteren Zugabe auf die Bühne zu schreien… aber nur vereinzelte Rufe und ein Spaken, der sich dem Künstler an den Hals hängt (mehr dazu in unserer Sendung vom 8.2.2010) machten das wohl zunichte! Verdammt, wir waren noch heiß!

Fazit: Wenn ihr nicht nur feiern wollt, checkt einen dieser Samy Gigs… bringt mit wen ihr könnt (bis auf die allzu „anhänglichen“ Typen), dass Ding ist massentauglich ohne kommerziell zu sein! Und wahrscheinlich hat der Wickeda MC sonst auch keine Verspätungen drin, wenn er nicht wieder vergisst sein eigenes Buch zu seiner Lesung mitzubringen! Danke nochmal an den Typ, der ihm zufällig das Buch leihen konnte – da muss ja ne derbe Widmung drin stehen 🙂

Achja und Bilder dazu gibts hier: fab on tour mit Samy

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